Virtueller ESMO 2020
Der diesjährige ESMO fand vom 17. – 29.09.2020 virtuell mit 30.000 Teilnehmern aus über 150 Ländern und über 2.000 wissenschaftlichen Beiträgen statt, war vor allem aber sehr reich an unmittelbar klinisch relevanten Daten zum Brustkrebs.
Die WSG ist besonders stolz, dass Frau Prof. Dr. med. Nadia Harbeck in ihrer Rolle als eine der Ko-Direktoren der WSG, den ESMO Lifetime Award für die Verdienste in der Optimierung der Behandlung von Brustkrebspatientinnen erhalten hat. Diese höchste Anerkennung in der europäischen Onkologie bestätigt uns in unserer täglichen Arbeit, auch zukünftig Studienkonzepte für die Personalisierung der Brustkrebstherapie zu planen.
Die WSG hat beim Kongress auch neue, zum Teil bahnbrechende Ergebnisse aus der ADAPT-Studie präsentiert.
Zum einen haben Harbeck et al. die finalen Überlebensdaten der ADAPT TP (HR+/HER2+) Studie nach 5-jähriger Nachbeobachtungszeit präsentiert. Hier zeigte sich zwar kein Unterschied in der Rückfall- oder Überlebenswahrscheinlichkeit zwischen drei Studienarmen (12 Wochen T-DM1/ T-DM1+endokrine Therapie /Trastuzumab+endokrine Therapie), aber wir konnten ganz klar den prognostischen Effekt der pathologischen Komplettremission nach der 12-wöchigen Studienbehandlung zeigen. Die Ergebnisse liefern eine wichtige Grundlage für die neuen (De)-Eskalationskonzepte der Therapie. Des Weiteren war es in der Studie erlaubt, im Fall der pCR nach 12 Wochen auf die weitere systemische Chemotherapie zu verzichten, so dass die Patientinnen eine alleinige Antikörper-Behandlung mit Trastuzumab erhalten konnten. Bei 41 Patientinnen wurde tatsächlich auf die weitere Chemotherapie verzichtet, bei knapp 70 Patientinnen wurde diese leitliniengerecht durchgeführt. In der hypothesengenerierenden Analyse konnte kein Unterschied bzgl. des krankheitsfreien Überlebens zwischen beiden Gruppen beobachtet werden. Diese Daten sind weltweit einzigartig, müssen jedoch sicherlich im Rahmen weiterer prospektiver Studien an größeren Kollektiven verifiziert werden.
Grote et al. präsentierten die molekularen Analysen der ADAPT HR+/HER2- Studie . Hier lag der Fokus auf der Erforschung der Resistenzmechanismen (gemessen am Abfall des Zellteilungsmarkers Ki-67) gegenüber der präoperativen endokrinen Therapie, die in der Studie durchgeführt wurde. Zum ersten Mal konnte p53-Mutation als ein sehr wichtiger prädiktiver Marker nicht nur für die Resistenz gegenüber den Aromatasehemmern, sondern auch gegenüber Tamoxifen identifiziert werden. Wir sind sehr gespannt auf die ersten Überlebensdaten der Studie, die in den nächsten Jahren zu erwarten sind, und hoffen sehr, dass aus der Kombination der genomischen Profile wie OncotypeDX, Ki-67-Verlauf und den Mutationsanalysen neue, deutlich genauere Tools für das Management des „luminalen“ Mammakarzinoms entwickelt werden können.
Als weitere Highlights des Kongresses sind sicherlich die neuen Daten zur Kombination der Immuntherapie mit Atezolizumab in Kombination mit der präoperativen Chemotherapie aus der Impassion031-Studie (präsentiert von Harbeck et al.) und die ersten positiven Daten zum Einsatz des CDK4/6-Inhibitors Abemaciclib als adjuvante Therapie beim frühen HR+/HER2- Hochrisiko Brustkrebs aus der MonarchE Studie (präsentiert von Johnson et al.) zu nennen. Zusammen mit zahlreichen weiteren Studien bilden diese Arbeiten wichtige Bausteine zur Verbesserung der Behandlung von Brustkrebspatientinnen in der nahen Zukunft.